Über Martin Hägele

Anmerkung: Die Angaben zu Martin bei Wikipedia stimmen nicht alle und sind nicht vollständig.

Martin Hägele

Martin Hägele im Trainingsanzug des FC Esslingen

Martin spielte in der Jugend beim TSV Wäldenbronn sowie beim VfB Stuttgart und wurde mit dem VfB 1973 Deutscher A- Jugend-Meister, außerdem spielte er in allen wfv-Auswahlmannschaften und wurde viermal in die Deutsche Jugendnationalmannschaft berufen.

Später spielte er in der Studentennationalmannschaft und wurde 1980 mit der Sporthochschule Köln Deutscher Hochschulmeister. Bei den Erwachsenen spielte er als Profi 1 Jahr beim FC Basel, danach u.a. bei den Stuttgarter Kickers. Mit 25 Jahren wurde er Spielertrainer beim TSV Wäldenbronn, absolvierte parallel dazu 1981/82 seine Fußballlehrer-Ausbildung und führte den Club in 10 Jahren von der Kreisliga A bis in die BW-Oberliga.

Weitere Trainerstationen waren in der damaligen 3. Liga, der Regionalliga, die SpVgg 07 Ludwigsburg, der SSV Reutlingen, mit dem er 1997 Deutscher Amateurmeister wurde sowie ein halbes Jahr beim VfB Stuttgart II. Weitere Trainerstationen waren u.a. beim SV Waldhof Mannheim als Co- Trainer in der II. Bundesliga, beim TSV Crailsheim mit Aufstieg von der Verbands- in die BW-Oberliga.

Martin ist seit 2006 im Kinder-und Jugendfußball tätig, Mitbegründer der Esslinger Fußballschule (2009) sowie des FC Esslingen (2012), seither Vorstand Sport beim FC Esslingen. Von 2012 bis 2014 war er Talentkoordinator, sportlicher Leiter und Scout beim VfB Stuttgart.

Seit 2014 ist er interimsmäßig sportlicher Leiter beim FC Esslingen und u.a. verantwortlich für die Sozialprojekte. Seit 1985 ist Martin Mitglied im wfv- Trainerlehrstab und dabei maßgeblich an der Erarbeitung der wfv- Spielauffassung „Ballorientiertes Spiel mit ständiger Angriffsbereitschaft“ sowie bei der Entwicklung von Spiel- und Trainingskonzepten im Kinderfußball beteiligt.

Der Paradigmenwechsel, der der wfv- Spielauffassung zu Grunde liegt, lässt sich sehr gut an den Aufgaben und am Begriff des Torspielers festmachen, den Martin Hägele in seiner Diplomarbeit im Jahre 2000 erfand. Seither ist er ein glühender Verfechter einer Spielphilosophie, die einen Torspieler erfordert.

Interview

Theo: Hallo Martin, wir haben über das Thema Torspieler schon oft gesprochen. Heute das Interview für meine Webseite. Beim wfv (Württembergischer Fußballverband: Webseite; Wikipedia) verwenden wir die Formulierung Torspieler. Während der DFB (Deutscher Fußball Bund: Webseite; Wikipedia) die Bezeichnung Torwart verwendet. Vielen Leuten ist nicht im Ansatz klar, was der Unterschied soll. Kannst du das bitte kurz ausführen.

Martin: Hinter dem Begriff Torspieler steckt eine Spielphilosophie. In dieser Philosophie hat der Torspieler zwei Kernbereiche die er beherrschen muss. Der eine Bereich ist die herkömmliche, klassische Aufgabe des Torwarts – Tore verhindern durch hechten, Bälle fangen oder fausten und der andere, zusätzliche, neue Kernbereich umfasst die Aufgaben eines guten Feldspielers – das Spiel lesen können, beidbeiniges sicheres Kurz- und Langpassspiel, sichere Ballan- und -mitnahmen in alle Richtungen mit beiden Beinen, die Passfinte und das Tempodribbling, mutig, weit vor dem eigenen Tor Bälle gewinnen.

Theo: Wie funktioniert die wfv- Spielauffassung des Ballorientierten Spiels?

Martin: Beim Ballorientierten Spiel des wfv spielen alle Spieler mit ständiger Mitspiel- und Angriffsbereitschaft. Jeder Spieler macht in jeder Spielsituation immer mit, will immer den Ball und hat in den beiden Grundsituationen des Spiels  – eigener und gegnerischer Ballbesitz – das Tore schießen im Kopf. Zur Umsetzung dieser Spielphilosophie braucht es zwingend einen Torspieler.

Theo: Was sind aus deiner Sicht dann die wesentlichen Fähigkeiten die ein Torspieler beherrschen muss?

Martin: Der Torspieler hat eine komplexe Aufgabe zu erfüllen und damit werden auch hohe Anforderungen an ihn gestellt. Er muss neben den konditionellen Fähigkeiten, wie Schnelligkeit, Athletik, Kraft, Gewandtheit, Geschicklichkeit auch die technischen Fertigkeiten des Torwarts und Feldspielers in sich vereinen. Zu diesen Fähig- und Fertigkeiten kommt noch eine weitere wichtige mentale Eigenschaft hinzu: mit Mut und Entschlusskraft richtige Entscheidungen treffen zu können.   Z.B. nehme ich den Ball an- und mit oder schlage ich ihn weg? Wie weit getraue ich mich mutig hinter der Viererkette mitzuspielen? Wo wir noch am Anfang sind, ist das Andribbeln. Das bedeutet, dass der Torspieler auch auf dem Feld und nicht nur im Hallenfußball nach vorne dribbelt und so Gegenspieler bindet. Damit schafft der Torspieler Überzahlsituationen im Angriffsaufbau. Ein Torspieler benötigt alle Feldspielertechniken. Auch den Kopfball, um lange Bälle des Gegners außerhalb des Strafraums wegzuköpfen oder auch bei eigenem Eckball und dies nicht nur bei Rückstand in der Nachspielzeit. Er könnte zum Beispiel auch in der 20. Minute beim Eckball mit in den gegnerischen Strafraum gehen, um ein Tor zu köpfen. Die Torspieler sind ja oft sehr groß, haben Sprungkraft und sind damit auch sehr kopfballstark. Dies würde den Paradigmenwechsel perfekt machen.

Theo: Welche Ratschläge würdest du Trainern von Kindermannschaften mit auf dem Weg geben?

Martin: Im Kinderfußball steht nicht das Spielergebnis sondern die Ausbildung eines jeden Spielers im Vordergrund. Jeder Spieler spielt auf jeder Position, heißt u.a. ein Leitsatz für Kindertrainer. Dies gilt insbesondere auch für die Position des Torspielers. Im Training übt jeder Spieler das Hechten und Fangen von Bällen, genauso wie das Dribbeln, Passen und schießen. Tore schießen und Glanzparaden machen sind das schwierigste, aber auch das schönste im Fußball. Deswegen wollen fast alle Kinder aufs Tor schießen und im Tor hechten. In jedem Wettspiel gibt es mehrere Torspieler, die sich die Spielzeit halbieren, dritteln oder vierteln. Der Torspieler wird ausgewechselt, zieht das Überziehhemd oder das Trikot mit der Nr. „1“ auf dem Rücken aus und wird schnell wieder als Spieler eingewechselt. Damit erlernt der Kinderfußballer von Anfang an das Bälle fangen und das Tore schießen. In den 8 Jahren Kinderfußball, von den Bambini bis zu den D- Junioren, gilt es für die Kindertrainer in jedem Jahrgang 3, 4 oder 5 Spieler zu gewinnen, die diese Doppelaufgabe des Torspielers können und wollen. Die Erfahrung zeigt, dass die talentierten Spieler auch die Torspielertalente sind. Deswegen besteht die Herausforderung an den Kindertrainer darin, die talentierten Spieler für die Position des Hintersten Spielers zu motivieren und zu gewinnen. Wenn diese Spieler beides dürfen – Tore schießen und Glanzparaden machen – dann funktioniert es. Und so werden auch die Eltern der Talente einigermaßen zufriedengestellt. Denn die Eltern wollen sich am Tore schießen ihres Sprösslings erfreuen und ihn nicht weit weg vom gegnerischen Tor auf der eigenen Torlinie stehen sehen.

Theo: Welche Ratschläge würdest Du jungen Menschen mit auf den Weg geben, die Fußballprofi werden möchten.

Martin: Wer Fußballprofi werden will, der braucht neben Talent einen großen Ehrgeiz und Lernwille. Ohne Fleiß keinen Preis. Das gilt für die Schule genauso wie für den Fußball. Weil es richtig schwer ist, Fußballprofi zu werden, darf die Schule nicht vernachlässigt werden. Zuerst Hausaufgaben machen, dann raus Fußball spielen. Im Verein, auf dem Bolzplatz. Da heißt es dann üben, üben und nochmals üben, lernen vom Trainer, von (älteren) Mitspielern, von den Stars im Fernsehen. Welche Tricks machen die Stars, wie schießen sie Tore, wie hechten sie in die Torecken? Verabredet euch, holt euch gegenseitig ab und geht auf den Bolzplatz. Lernt Finten, spielt 1:1, 1:2. 2:2, 2:3, 3:3 , 3:4, 4:4, 4:5 oder 5:5 und dribbelt, passt und schießt mit links und mit rechts was das Zeug hält. Geht an Gegenspieler rechts und links vorbei und schlenzt den Ball ins lange oder schießt ihn hart ins kurze Eck oder chipt den Ball über den Torspieler hinweg ins Tor. Tausende von Wiederholungen sind nötig, um sein Potential auszuschöpfen. Das macht Spaß, sich ständig zu verbessern und das Optimale aus sich herauszuholen. Fußball ist ein geiles, tolles Spiel für junge Menschen. Jede und jeder kann viel fürs Leben lernen. Deshalb kann ich jedem Mädchen und Jungen, die Spaß am Fußball haben, nur raten: Geht in einen Verein! Strengt euch an! Übt und versucht euer Potential auszuschöpfen.

Theo: Warum ist die schulische Ausbildung auch wichtig oder besonders wichtig, wenn ich Profi werden will?

Martin: Die schulische Ausbildung ist zunächst das Allerwichtigste. Im Zweifelsfall ist die schulische Ausbildung auch wichtiger als die Fußballausbildung. Man kann Fußballkarrieren nicht planen. Ob ich mit Fußball Geld verdienen kann oder nicht, ist auch von Dingen abhängig, die ich gar nicht beeinflussen kann. Talent und körperliche Voraussetzungen z.B., spielen eine wesentliche Rolle. Und natürlich gibt es einen enormen Konkurrenzkampf. Es gibt ja nur ganz wenige Profifußballstellen für ganz viele Kinder- und Jugendspieler, die das als Erwachsener anstreben. Und deshalb ist natürlich ganz klar das Wichtigste, neben dem Fußball einen guten Schulabschluss und eine Ausbildung zu machen oder zu studieren. Neben Talent und Ehrgeiz braucht der junge Mensch auch das notwendige Glück, dass er sich körperlich entsprechend entwickelt, verletzungsfrei bleibt und den Spaß am Fußball nicht verliert, gerade auch dann, wenn es Rückschläge zu verarbeiten gilt.

Theo: Danke für das Interview.

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