Heute einmal etwas Neues in der Kategorie „Fragen an TorspielerTheo“. Ich habe Fragen, die ihr mir gestellt habt, an die drei anwesenden Torwarttrainer auf dem Mercedes-Benz Junior Cup 2018 weitergegeben.

Die Fragen waren

  • Welche Trainingsempfehlungen würdest du jemandem geben, der in der Kreisliga spielt und keinen eigenen Torspielertrainer hat?
  • Was würdest du jemandem raten, der nicht in einem NLZ (Nachwuchsleistungszentrum) ist?

Die dritte Frage kennt ihr. Das ist meine Lieblingsfrage, die ich jedem stelle, der sich mit der Position im Tor auskennt.

  • Wie sieht dein Torspieler der Zukunft aus?

Die Antworten lest Ihr unten. Allen dreien sage ich  in eurem Namen herzlichen Dank für ihre Unterstützung.

Beim Turnier anwesend waren

  • Andre Wachter (VfB Stuttgart)
Bild Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwartrainer der U19 des VfB Stuttgart und TorspielerTheo beim Mercedes-Benz Junior Cup 2018

Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwartrainer der U19 des VfB Stuttgart und TorspielerTheo beim Mercedes-Benz Junior Cup 2018

  • Dominik Weber
Bild Dominik Weber, Torwartrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim und TorspielerTheo

Dominik Weber, Torwartrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim und TorspielerTheo beim Mercedes-Benz Junior Cup 2018

  • Ilja Hofstaat (Hertha BSC)
Bild Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BFC und TorspielerTheo

Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BFC und TorspielerTheo

Frage 1: Welche Trainingsempfehlungen würdest du jemandem geben, der in der Kreisliga spielt und keinen eigenen Torspielertrainer hat?

Bild Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwarttrainer der U19 des VfB Stuttgart

Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwarttrainer der U19 des VfB Stuttgart

Andre Wachter: Das ist eine sehr gute Frage. Ich muss ganz ehrlich sagen, damit habe ich mich noch nicht beschäftigt. Bei unseren VfB-Jungs bin ich als Trainer ja immer mit dabei.

Als Torwart ohne Torwarttrainer würde ich auf jeden Fall zuerst einmal schauen, dass vom Cheftrainer Torschussübungen auf den Torhüter umgesetzt werden, die auch sinnvoll sind. Bei Querpässen 5 Meter vor dem Tor mit Abschluss oder die klassische Serie, einer spielt an, ein anderer legt ab und einer haut von 16 Metern in den Winkel, bringen dem Torwart nichts. Dabei kann er nichts lernen.

Bild Dominik Weber, Torwarttrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim

Dominik Weber, Torwarttrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim

Dominik Weber: Eine Säule des Torwartspiels ist die Spieleröffnung. Man kann sich ohne Torwarttrainer selbstständig beidfüßig isoliert verbessern. Spieleröffnungen als Pass mit Annahme (direkt, zwei Kontakte) gegen eine Wand. Ferner kann man Abwürfe, Flugbälle und Abschläge ins Tornetz, in den Fangzaun oder in Zonen spielen. Um diese Bausteine dann spielnah umzusetzen, kann der Mannschaftstrainer den Torhüter in Passformen oder Spielformen integrieren. Somit ist auch der Mannschaftstrainer ein Torwarttrainer.

Eine weitere Grundlage des Torwartspiels ist die Athletik des Torhüters. Eine Grundfitness kann man sich selbst durch Läufe erarbeiten. Mit einer zusätzlichen Einheit im Fitnessstudio kann man seine Dynamik und Schnelligkeit verbessern.

Im torwarttaktischen Bereich kann man sich auch selbständig weiterentwickeln. Dafür würde ich mir Torhüter auf Top- Niveau anschauen. Wo steht ein Oliver Baumann bei einer Flanke? In welcher Stellung steht er da? Wo steht er bei einem Torschuss? Wo bietet er sich bei einem Rückpass an? Wie organisiert er sein Team?

Im technischen Bereich kann man sich dabei auch vieles abschauen. Wie verhält er sich im  „Eins- gegen Eins“? Wie sieht der technische Ablauf aus? Wie fängt er einen Ball der zentral oder seitlich kommt?

Bild Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BSC

Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BSC

Ilja Hofstädt: Das kommt sicher darauf an, was derjenige will. Aber ganz ehrlich, ohne Torwarttrainer von der Kreisliga in eine wesentlich höhere Liga zu kommen, halte ich für unrealistisch. „Eigencoaching“ hat ganz klare Grenzen. Das gilt natürlich auch für die eigene Videoanalyse.

Als Torwarttrainer bist du dafür ausgebildet und hast die Erfahrung und um Bewegungsabläufe zu lehren, zu analysieren und die zu steuern. Gerade in den jungen Jahren ist es relativ schwierig, Defizite zu erkennen und zielgerichtet vorhandenes Potenzial zu heben.

Sicher gibt es Möglichkeiten über Video oder Facebook, wo viel angeboten wird. Gutes aber eben auch schlechtes. Ausschließlich damit kann man sich definitiv weiter entwickeln. In jedem Fall empfehle ich einem Kreisliga-Torwart sich einen Partner aus der Mannschaft (sei es ein Mitspieler oder auch der Co-Trainer) zu suchen, der die autodidaktisch erlernten torwartspezifischen Übungen auf Anweisung mit ihm in der Praxis umsetzt. An der „Beckenbauerwand“ alleine geht das nicht. Tatsache bleibt: Höhere Spielklassen ohne Torwarttrainer und regelmäßiges Torwarttraining geht nicht.

Frage 2: Was würdest du jemandem raten, der nicht in einem NLZ (Nachwuchsleistungszentrum) ist?

Bild Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwarttrainer der U19 des VfB Stuttgart

Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwarttrainer der U19 des VfB Stuttgart

Andre Wachter: Erst einmal geduldig bleiben. Die Möglichkeit für eine Fußballlaufbahn besteht ja weiter. Grundsätzlich ist es ja auch eine Frage, auf welchem Niveau sich der junge Torspieler befindet. Die Kinder und Jugendlichen entwickeln sich ja erst. Es ist ja nicht so, dass es grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, dass einer mit 14 oder 15 noch nicht im NLZ ist, nicht irgend wann noch den Sprung nach oben schaffen kann. Vielleicht klappt es zur U17 oder U19 ins NLZ. Also erst mal geduldig bleiben und weiter arbeiten.

Bild Dominik Weber, Torwarttrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim

Dominik Weber, Torwarttrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim

Dominik Weber: Wer noch nicht in einem NLZ trainieren darf, muss einfach kontinuierlich weiterarbeiten. Weiterhin seine Stärken einbringen und seine Schwächen minimieren. Natürlich braucht man dazu auch eine Portion Glück um gesichtet zu werden. Um positiv aufzufallen schauen die Scouts auf verschiedene Punkte. Hält der Torhüter viele Bälle? Wie ist er fußballerisch? Wie ist seine Ausstrahlung? Wie verhält er sich gegenüber seinen Mannschaftskammeraden?

Bild Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BSC

Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BSC

Ilja Hofstädt: Ich würde auf jeden Fall versuchen zu einem Verein zu gehen, der einen Torwarttrainer hat. Der Torwarttrainer muss sich mit dir als Torhüter kontinuierlich beschäftigen. Der muss deine Qualitäten erkennen, deine Stärken und deine Schwächen. Meine klare Empfehlung, gehe dahin, wo der Torwart gezielt gefördert wird. Gehe in einen Verein in dem mindestens einmal, besser zwei oder dreimal in der Woche Torwarttraining angeboten wird.

Frage 3: Wie sieht dein Torspieler der Zukunft aus?

Bild Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwarttrainer der U19 des VfB Stuttgart

Andre Wachter, Torwartkoordinator und Torwarttrainer der U19 des VfB Stuttgart

Andre Wachter: Ich glaube die Position des Torhüters hat sich in der letzten Jahren schon extrem entwickelt. Ich denke, dies Entwicklung wird so anhalten. Ein Torspieler der Zukunft muss stark am Fuß sein, was in den letzten Jahren immer stärker aufgekommen ist. Jetzt zu erkennen ist auch schon, dass der Torhüter immer mehr den Raum verteidigt. Das klassische Flankenabfangen ist allen bekannt. Was aber zunehmend wichtiger wird sind Querpässe in den Strafraum oder Bälle vom 16er Eck. Aber auch in Zukunft wird das Tor verteidigen zu den wichtigsten Aufgaben des Torhüters dazu gehören. Die Spieleröffnung ist inzwischen schon auf einem sehr hohen Niveau. Ich denke, dass sich in den nächsten Jahren bei der Raumverteidigung noch viel entwickeln wird.

Bild Dominik Weber, Torwarttrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim

Dominik Weber, Torwarttrainer der U19 der TSG 1899 Hoffenheim

Dominik Weber: Der Torspieler der Zukunft ist in den Torwarttechniken sehr sauber und fußballerisch beidbeinig sehr gut ausgebildet. Ferner hat er das Spiel verstanden und kann sich taktisch optimal anpassen. Er ist ein athletischer und dynamischer Typ, dem ich den Willen „Bälle zu halten“ in den Augen sehen kann.

Bild Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BSC

Ilja Hofstädt, Torwartkoordinator der Hertha BSC

Ilja Hofstädt: Der Torspieler der Zukunft hält alle Bälle und ist ein guter Fußballer. Das Spiel wird immer schneller. Ich glaube, dass du im kognitiven Bereich extrem fit sein musst. Du musst optimal Spielabläufe voraussehen.

Der heutige Torwart muss neben dem „reagieren“ immer mehr  ein proaktiver, best möglich antizipierender und agierenden Mitspieler sein.  Und dieser Prozess steht in direktem Zusammenhang mit der zunehmenden Schnelligkeit im Spiel.  Im athletischen Bereich sind eigentlich alle Top-Torspieler auf einem extrem hohen Niveau.

Es geht also darum, wer kann Situationen besser wahrnehmen, wer kann Situationen schneller entscheiden, wer kann besser Raum verteidigen, wer kann bessere Spieleröffnungen. Ich denke, dass der Torspieler der Zukunft extrem schnell im Erkennen von Situationen und extrem schnell im Entscheiden sein muss.

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