Lernen ist bei vielen Menschen ein stark negativ belastetes Wort. Mit dem Begriff werden Zwang, Druck und Angst verbunden. Das liegt an den typischen Lernerfahrungen dieser Menschen aus der Vergangenheit. Durch diese negativen Erlebnisse mit dem Lernen bleiben viele Menschen auf ihrem einmal erworbenen Wissensstand stehen. Dieser Text soll zum besseren Verständnis des erfolgreichen Lernens im Fußball beitragen.

 

Warum ist Lernen so wichtig?

Das gute und schnelle Lösen von Aufgaben macht erfolgreich. Wer mehr Aufgaben besser löst, ist erfolgreicher als jemand, der weniger Aufgaben in der gleichen Zeit schlechter löst. Effektives Lernen ist also langfristig eine Voraussetzung, um erfolgreich zu sein. Das gilt im Fußball und im Leben allgemein.

Wenn eine Aufgabe nicht gelöst werden kann, fehlt entweder Wissen oder Können oder Beides. Ich lerne zum Beispiel die Abseitsregel, um zu wissen, was Abseits ist. Und ich lerne den Bewegungsablauf des Abschlags, um diese Technik anwenden zu können. Wenn ich diese beiden Sachen gelernt habe, kann ich die Aufgabe sehr gut lösen, den Stürmer im richtigen Moment richtig anzuspielen. 

Um Aufgaben richtig, schnell und erfolgreich zu lösen, brauche ich also Wissen und Können. Je mehr Wissen und Können ein Spieler hat, desto mehr Aufgaben kann er schneller und besser lösen. Erfolgreiches Lernen führt zwingend dazu, dass mehr Aufgaben in kürzerer Zeit mit einem besseren Ergebnis gelöst werden können. 

Wenn ich beim Fußball viel weiß und viel kann, bin ich besser, als jemand, der nicht so viel weiß und nicht so viel kann. Ich habe also mehr erfolgreich gelernt als dieser Jemand und habe in der Regel auch mehr Erfolg. Das bedeutet: Ich spiele langfristig wahrscheinlich in einer höheren Spielklasse und gewinne mehr Spiele. 

 

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Der Begriff Lernen

Der Begriff ‚Lernen‘ ist in zwei Prozesse zu unterteilen: Das Lernen als eine Handlung und das Lernen als ein Ergebnis. 

Die Lernhandlung ist beschreibbar mit der aufgewandten Zeit, den eingesetzten Mitteln und den benutzten Methoden. 

Das Lernergebnis ist durch die Zielerreichung definiert: Erfolg oder Misserfolg. 

Ob erfolgreich gelernt wurde, erkennt der Aussenstehende aus dem Vergleich der Lösungen oder dem Lösungsweg von zwei ähnlichen Aufgaben oder Situationen, vor und nach der Lernhandlung. 

Das Verhältnis von Handlung und Ergebnis ist die Effizienz beim Lernen. Je mehr gewünschtes Ergebnis mit weniger Handlung erzielt wird, desto höher ist die Effizienz. 

Natürlich hindert das nicht daran, Falsches zu lernen und zu verinnerlichen. Es geht also immer auch darum, das Richtige zu lernen. Wenn ich das Richtige richtig lerne, ist das Lernen effektiv. 

Effektiv ist das Lernen, wenn es zu Lösung der gestellten Aufgabe beiträgt.  

Lern-Effizienz bedeutet mit weniger Aufwand, mehr Lern-Ergebnis zu erzeugen. 

Lern-Effektivität ist der Anteil, der qualitativ hochwertigen und gewünschten Lern-Ergebnisse, die zur Lösung der Zielaufgabe beitragen. 

Ein gutes Beispiel, dass diese Unterscheidung verdeutlicht, ist das Torwartspiel. Der Torspieler kann im Training sehr gut sein und große Fortschritte machen. Er lernt also sehr effizient. In den Spielen kann er seine Leistungen aus dem Training nicht abrufen, weil er nicht effektiv lernt. 

Es geht also darum, das Richtige richtig zu lernen. 

 

Die Lernhandlung

Die Lernhandlung verhält sich wie jede andere Handlung auch. Wenn die Handlung richtig trainiert wird, verbessert sich der Ablauf. Die Folge ist, je mehr richtig gelernt wird, desto höher ist die Lerneffizienz und desto schneller kann Neues gelernt werden. 

Lernen kann man unterschiedlich trainieren. Ich kann neue Methoden und Arbeitsweisen selbst herausfinden und ausprobieren. Alternativ dazu kann ich mit einem Trainer gezielt daran arbeiten, die idealen Lernmethoden zu entwickeln oder anzuwenden. Wer nicht die nötigen Lernressourcen hat, kann auch durch reine Wiederholung seine Lernhandlung verbessern. Denn jede Wiederholung einer Handlung macht diese Handlung in Zukunft besser und flüssiger. 

Ganz explizit: Wer mehr lernt, lernt in Zukunft schneller!                 

Ein Beispiel, das diesen Zusammenhang verdeutlicht, ist das Lernen von Sprachen. Wer viele Sprachen beherrscht, tut sich extrem leicht beim Lernen einer weiteren neuen Sprache. Wer viele Sprachen spricht, weiß, wie Sprachen funktionieren. Er kennt die für sich am besten funktionierenden Methoden, um Sprachen zu lernen. Diese Person wird die neue Sprache also schneller sprechen lernen als eine Person, die ihre erste Fremdsprache lernt. Dies ist ein allgemein bekannter Zusammenhang.

Das Gleiche gilt für Techniken beim Sport. Wer viele Techniken beherrscht, wer koordinativ gut und trainiert ist, kann schneller eine neue Technik erlernen, als jemand, der diese Vorkenntnisse nicht hat. 

Die Lernhandlung kann also verbessert werden. 

 

Lernen

Was bedeutet Lernen?

Der Prozess des Lernens ist gleich zusetzen mit einer kontinuierlichen Anpassung eines unbewusst in der Person integrierten Modells (Pi-Modell). Solche Pi-Modelle können Aufzählungen, Vergangenheitseinschätzungen, Zukunftsprognosen, Zusammenhänge, Abläufe oder eine Regel sein. 

Erläuternde Beispiele für diese Pi-Modelltypen sind:

  • Eine Aufzählung kann das Vokabular einer Fremdsprache sein. 
  • Bei einer Vergangenheitseinschätzung kann es sich um die Analyse der eigenen Leistung nach einem Spiel handeln. 
  • Eine Zukunftsprognose kann eine Antizipation im Spiel sein. 
  • Ein Zusammenhang ist eine scheinbare Kette von Ereignissen, die in einem Pi-Modell mit einander verbunden sind. 
  • Bei einem Ablauf kann es um eine motorische oder geistige Abfolge von Schritten gehen, die ein gewünschtes Ziel erreichen.
  • Ein Beispiel für Regeln und Faustformeln ist die Entscheidung des Schiedsrichters, einen Elfmeter zu geben, weil der Stürmer im Strafraum nach einem Kontakt auf den Boden fällt. 

Das personeninterne Pi-Modell wird mit Hilfe von sozialen, physischen, intellektuellen und psychischen Einflüssen erstellt und auf Richtigkeit geprüft. 

  • Ein soziales Feedback ist der Trainer, der dir sagt, was du ändern musst oder auch ein Zuruf, von der Außenlinie.  
  • Ein physischer Einfluss kommt durch das Wahrnehmen der eigenen Bewegung zu Stande. 
  • Ein intellektuelles Feedback kann es bei einem bewussten Wissenszuwachs oder bei einem AHA-Erlebnis geben. 
  • Ein psychischer Einfluss ist zum Beispiel der Gemütszustand bei der Bewegung. 

Dieses Pi-Modell wird nur verändert, wenn der Lernende einen Impuls zur Überprüfung des Pi-Modells erhält. Der Lernende ist durch diesen Impuls und die Umstände bereit, sein inneres Pi-Modell zu hinterfragen: Hat das Pi-Modell einen Fehler, eine Unplausibilität oder eine Unvollständigkeit? Dann stellt sich der Lernende im Idealfall die Frage: Wie kann ich meine Ergebnisse verbessern? Um seine Ergebnisse zu verbessern muss er das Pi-Modell ändern. Dabei geht es ihm nicht zwangsläufig um die Verbesserung des Pi-Modells, sondern um das Erreichen eines bestimmten Ergebnisses. 

Eine Verbesserung des Pi-Modells kann durch bewusstes oder unbewusstes Lernen stattfinden.

Bewusstes Lernen 

Der Lernende kann bewusst, das bedeutet durch selbst reflektiertes Wahrnehmen, lernen. Hier kann man zwei Methoden heranziehen. 

  • Lernen durch Einsicht: Der Lernende kommt durch einen eigenen Gedankengang auf eine zu erwartende Verbesserung des Pi-Modells. 
  • Lernen an einem externen Pi-Modell: Hier liegt dem Lernenden ein Beispiel, eine Lösung oder ein ähnliches Pi-Modell vor. Das Lernen erfolgt durch ein Kopieren, Anpassen und Optimieren des Beispiels. 

 

Unbewusstes Lernen

Natürlich kann der Mensch auch unbewusst lernen. Das passiert in der Regel durch Erfahrungen. Ein Lernender macht eine bewusst oder unbewusst schlechte Erfahrung mit einer Situation und versucht sie dann unterbewusst für die Zukunft zu vermeiden. Er kann auch eine positive Erfahrungen machen und unterbewusst versuchen, diese Erfahrung oder Situation immer wieder neu zu erleben. 

 

Lernen

Der Lernprozess

Die herbeigeführte Pi-Modellanpassung muss anschließend auf ihre Nützlichkeit oder Effektivität geprüft werden. Das kann man mit einem Test erreichen. Eine ähnliche oder die gleiche Aufgabe wird nach der Lernhandlung erneut gelöst. So erhält der Lernende sofort einen Eindruck zur Wirksamkeit seines neuen Pi-Modells. 

In diesem Test kann das Ergebnis gleich, besser oder schlechter sein. Ein gleiches Ergebnis ist ein Lernmisserfolg, ein besseres Ergebnis ist ein Lernerfolg und ein schlechteres Ergebnis ist ein kontraproduktiver Lernmisserfolg.  

Wichtig ist die Erkenntnis:

Jemand der nicht bewusst lernt, kann nie wirklich richtig gut werden. Wer nicht versucht, bewusst zu lernen, lernt auch mehr kontraproduktives Verhalten. Unbewusstes Lernen ist überwiegend erfahrungsorientiert und nicht auf überprüfbaren Ergebnissen basiert. Deshalb werden beim unbewussten Lernen immer auch kontraproduktive Pi-Modellanpassungen vorgenommen, die nicht sofort auffallen und nur schwer wieder im dem unbewussten Pi-Modell geändert werden können. Ein Beispiel dafür ist das Wegdrehen des Kopfes vom Torspieler bei einem Schuss aus kurzer Distanz.  

Ein erfolgreicher Test in einer Situation ist keine sichere Aussage über den Lernerfolg, sondern macht den Lernerfolg nur wahrscheinlicher. Durch eine erfolgreiche Anwendung eines Pi-Modells in unterschiedlichen und vielseitigen Tests, wird eine Richtigkeit dieses Pi-Modells nur immer glaubwürdiger und macht die Falschheit oder Unvollständigkeit unwahrscheinlicher. 

Was bedeutet jetzt Lernerfahrung in diesem Betrachtungsmodell?

Bewusstes Lernen ist also abhängig von bewussten Impulsen auf vier Ebenen: physisch, psychisch, intellektuell und sozial. 

Unbewusstes Lernen ist hauptsächlich abhängig von Erfahrungen. Wenn also gute Erfahrungen und positive Emotionen mit dem Lernen verbunden werden, dann wird die Situation mit diesen  Erfahrungen und Emotionen verknüpft und unbewusst immer wieder gesucht. Der Lernende versucht also unbewusst immer wieder neu zu lernen. 

Erfolge sind bei vielen Menschen die Ursache von positiven Lernerfahrungen. Dementsprechend sind Lernerfolge im Kindesalter extrem wichtig für ein erfolgreiches Lernen im späteren Leben. Kinder, die viele positiven Lernerfahrungen gemacht haben, versuchen immer wieder von sich aus zu lernen. 

Bewusst wahrgenommene Impulse können zu positiven Lernerfahrungen führen. Wenn der Impuls beim und durch das Lernen positiv ist, dann verändert der Lernende sein Pi-Modell in der Tagesgestaltung so, dass er unterbewusst häufiger lernen will. Das basiert dann aber darauf, dass die externen Impulse gut waren und der Lernende dieses Erlebnis und diese Impulse öfter erfahren möchte. Sprich: Sie erste Motivation kommt von Außen. 

Einfluss auf die Lernerfahrung haben die physischen, psychischen, intellektuellen und sozialen Einwirkungen und Interaktionen. Wenn es mir durch das Lernen besser geht und mir das bewusst wird, lerne ich häufiger und effektiver. Wenn ich zum Beispiel merke, dass mein Krafttraining meinem Körper gut tut, mache ich weiter Krafttraining oder erhöhe sogar die Trainingsfrequenz. Wenn ich durch das Lernen mehr Aha-Momente erlebe, motiviert mich das häufiger und intensiver zu lernen. Wenn ich für mein Lernen von meinem Umfeld anerkannt und wertgeschätzt werde, dann werde ich auch häufiger und intensiver lernen. 

Die Lernerfahrung setzt sich also aus vielen Aspekten zusammen. Diese Aspekte sind in der Anfangsphase von Außen überwiegend nicht kontrollierbar. Bei Ausnahmespielern werden sie aber mit zunehmenden positiven Lernerfahrungen steuerbar, weil diese zunehmend bewusst lernen. 

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Was bedeutet das für den Trainer?

Nicht alle Ebenen von Impulsen, die Einfluss auf die Lernerfahrung haben, können durch den Trainer beeinflusst werden. Deshalb muss sich der Trainer auf die Ebenen konzentrieren, auf die er Einfluss nehmen kann. 

Der Trainer hat keinen Einfluss auf das Gemüt des Spielers. Wie dieser sich fühlt, wenn er zum Training kommt, liegt nur begrenzt in seinem Einflussbereich. 

Soziale Impulse

Worauf der Trainer aber sehr wohl einen Einfluss hat, sind die sozialen Impulse. Er kann durch authentische, ehrliche Wertschätzung und Anerkennung verbunden mit konstruktiven Anregungen eine positive Erfahrung mit dem Fußball verbinden. Wichtig ist auch negatives Feedback von der sozialen Ebene zu verhindern. Das bedeutet, dass zum einen in der Mannschaft und auch für die Eltern klare Regeln herrschen, die Geringschätzung gegenüber allen Spielern unterbinden sollen. Der Trainer hat natürlich kein Einfluss auf negative Impulse außerhalb seines Wirkungsbereichs. 

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Physische Impulse

Die physischen Impulse kann der Trainer teilweise beeinflussen. Er kann sein Training so gestalten, dass der Spieler Veränderungen am Körper, am Bewegungsablauf oder am Ergebnis zeitnah wahrnehmen kann. Zum Beispiel kann der Spieler aufgrund des Techniktrainings plötzlich viel weitere Abschläge oder der Spieler schafft wegen dem Krafttraining viel mehr Liegestütze als noch bei letzten Mal. So wird beim Spieler ein positives physisches Feedback erzeugt. Dadurch wird der Spieler bewusst oder unbewusst den Nutzen des Trainings für seinen Körper und sein Spiel wahrnehmen. Diese positiven Lernerfahrungen steigern auch die eigene Motivation des Spielers, mehr Athletiktraining oder Techniktraining und Extraeinheiten zu machen.

Wenn der Trainer immer wieder kleine Tests macht und die Kinder so den eigenen Fortschritt sehen und messen können, dann kommt automatisch positive Impulse zu Stande, die dann auch zur positiven Lernerfahrung beiträgt. 

Intellektuelle Impulse

Der Trainer kann mit intellektuellen Impulsen, wie bei physischen Impulsen, nur indirekt auf den Spieler einwirken. Der Trainer muss zum Beispiel die taktische Intelligenz des Spielers fördern, so dass der Spieler Lücken oder Pässe schneller erkennt und dann anspielt. Fakt ist: Intellektuelles Lernen setzt immer bewusstes Lernen voraus.

So bekommt der Spieler intellektuell Lernimpulse von seiner Entwicklung. Auf dieser Ebene muss der Trainer auch Aha-Momente bewirken und herausstellen. 

Die Spieler müssen vom Trainer dazu gebracht werden, die eigene Taktik zu erklären und die eigenen Situationen analysieren zu können. So kann der Trainer das Verständnis testen und die Spieler durch das Erklären auch dazu ermutigen, sich mit dem Thema bewusst und unbewusst intellektuell  zu beschäftigen. Diese intellektuellen Leistungen der einzelnen Spieler können der Trainer und die Mannschaft immer wieder wertschätzen und hervorheben, was dann einen zusätzlichen sozialen Impuls erzeugt. 

Positive Lernerfahrungen durch Erfolge 

Dazu kommen noch die positiven Lernerfahrungen durch Erfolgserlebnisse. Der Trainer kann stärkenorientierte Wettkämpfe ins Training einbauen, so dass jeder mal gewinnt. Das kann individuell oder als Team sein. So bekommt jeder Spieler immer wieder seine Erfolgserlebnisse, die ihn an den Fußball fesseln und ihn schließlich zum Profi machen müssen, weil sie mehr und erfolgreicher gelernt haben als viele andere Spieler.  

Über Fragen und Diskussionen zum Thema freue ich mich. Bitte nutze dafür das Kontaktformular.

Vielen Dank!

Theo Saubert

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