Fußball ist Kopfsache. Eine oft genutzte Floskel, die durch die Bank weg von Fußballern, Trainern und Fans benutzt und gehört wird. Aber was bedeutet das eigentlich? Was hat Fußball mit dem Kopf zu tun?

Die Sportart Fußball ist in erster Linie körperlich anstrengend. Es wird im Profibereich bis zu 14 Kilometer in 90 Minuten gelaufen, davon bis zu zwei Kilometer im Sprint. Ein Fußballer braucht also ein großes Maß an Ausdauer und Schnelligkeit. Dazu kommen bis zu 300 Zweikämpfe zwischen Spielern der beiden Mannschaften. Der Spieler muss also genug Kraft haben um sich körperlich durchzusetzen. 

Was sagen Zahlen über Ballkontakte? Pro Spiel hat ein Fußballer bis zu 200 Ballkontakte. Während diesen Ballkontakten dürfen möglichst keine Fehler passieren. Die Spieler müssen also auch technisch auf einem sehr hohen Niveau sein. Sprich: Die koordinativen Fähigkeiten eines Fußballers sind für das Spiel sehr wichtig. Den Ball mit dem Kopf zu spielen kommt dagegen nur bis zu 12 mal vor. 

Mit einem solchen Wissen zu sagen, Fußball ist Kopfsache wäre übertrieben. Gerade einmal sechs Prozent der Ballkontakte sind mit dem Kopf. 

Aber Fußball ist mehr als ein paar Statistiken und Grafiken. Die nächste Floskel. 

Stadion Atmosphäre 1

Ein großer Bereich im Fußball ist die Taktik. Nicht umsonst wird gesagt: “Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel.“ Taktisches Verhalten findet größten Teils im Kopf statt. Wo laufe ich hin, um richtig zu stehen? Im Spiel wechselt der Spieler im Schnitt alle fünf Sekunden die Richtung. Jeder Richtungswechsel kann entscheidend zu einer Lücke bei der eigenen Mannschaft oder beim Gegner führen, die das Spiel entscheiden kann. Jede fünf Sekunden trifft der Spieler also eine möglicherweise spielentscheidende Entscheidung.

Bei dem Thema Entscheidungen geht es direkt weiter im Kopf. Athletik, Taktik und Technik eines Spielers sind nur so gut wie die getroffenen Entscheidungen. Wenn die getroffene Wahl schlecht war, dann kann die Ausführung noch so gut sein. Pro Spiel entscheidet sich ein Spieler alle fünf Sekunden wohin er läuft. Dazu kommen Entscheidungen wohin, wie und wann der Ball gespielt wird und was, wie und wann kommuniziert wird. Das ganze Spiel ist also voller Entscheidungen, die im Kopf getroffen werden. Wenn diese Entscheidungen zu langsam oder falsch getroffen werden, ist das schlecht. Dann wird schnell die Qualität eines Spielers oder einer Mannschaft in Frage gestellt, obwohl es eigentlich gekonnt wird.

Ebenfalls ein unterschätzter Punkt ist der Fokus auf das Spiel. Wenn der Spieler sich nicht über die Dauer eines Spiels konzentrieren kann und die Spannung hoch hält, neigt er dazu, ab einem gewissen Punkt während des Spiels mit seiner Leistung stark einzubrechen. Auch hier kommen dann zu schnell Diagnosen, der Spieler könnte mit dem Druck nicht umgehen etc.

Der Kopf ist also die wichtigste Komponente im Fußball. Dabei haben wir uns noch gar nicht die mentalen und psychischen Fähigkeiten angeschaut, die ebenfalls im Kopf stattfinden und einen großen Einfluss auf das Fußballspiel haben.

Erfolg

Ist das Potential zu Top-Leistungen da, kann doch eigentlich nicht mehr viel im Wege stehen oder? Was aber, wenn kontinuierlich unter dem möglichen Niveau gespielt wird? Im Training klappt alles, aber im Spiel ist es wie verhext. Dieses Phänomen ist vielen Trainern und Spielern als „Trainingsweltmeister“ bekannt. Was machen diese Spieler falsch, so dass sie nicht ihr mögliches Potential ausschöpfen können? Woher kommt eine solche Blockade? 

Die mentale Stärke ist genau so wichtig, wie die Fähigkeit die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denn egal wie gut ein Spieler ausgebildet ist, wenn er die falschen Entscheidungen trifft oder wenn er unter Druck seine Leistungen nicht abrufen kann, macht es für den Trainer keinen Sinn diesen Spieler aufzustellen. Das führt logischerweise zu Frustration beim Spieler und Trainer und es entsteht ein Teufelskreis. 

Es ist wichtig zu wissen, dass es ein Unterschied gibt zwischen kontinuierlich falsch entschiedenen Situationen und mangelnder mentaler Stärke. 

Ein Spieler kann sehr selbstbewusst sein und regelmäßig durchschnittliche oder sogar gute Spiele machen. Er macht aber immer wieder gravierende Fehler, die sein Spiel komplett in den Schatten stellen. Da kommt schnell das Gefühl auf, dass dieser Spieler nicht sein volles Potential ausschöpft und deshalb ein Trainingsweltmeister ist. Eine solche Diagnose ist aber vorschnell und falsch. Denn wenn der Spieler mit einer hohen Regelmäßigkeit bessere Entscheidungen trifft oder über eine längere Strecke ein hohes Level an Konzentration hält, kann er richtig aufblühen. Ein Spieler, der den mentalen Belastungen des Sports nicht standhält, wird auch mit einem besseren Entscheidungsverhalten nicht aufblühen können. 

Fussball bei Sonnenuntergang

Entscheidungen richtig zu treffen kann trainiert werden. Durch Überforderung auf diesem Gebiet können Spieler in weniger komplexen Situationen oft besser mit der Entscheidung umgehen und treffen häufiger die bessere Wahl. Wenn im Training also häufig extrem schnelle Spielformen mit vielen Variablen und wenig Platz umgesetzt werden, kann der Spieler sein Verhalten bei Entscheidungen verbessern. 

Der Spieler kann aber auch durch zu risikoreiche oder zu sichere Entscheidungen sein eigenes Spiel behindern. Wenn ich immer den letzten Pass spielen will, kann nicht jeder ankommen. Auf der anderen Seite kann ich keine Tore schießen, wenn ich komplett ohne Risiko spiele. 

Hier kann ein einfaches Gespräch schon helfen. Es wird genau angesprochen, was den Trainer stört. Im Idealfall kann mit Videomaterial der Sachverhalt veranschaulicht werden, um zusätzliche Einflüsse einzubeziehen und den Lernprozess zu verstärken. Sollte das Gespräch nicht die erwünschte Wirkung erzielen, können einfache Zusatzregeln und Spielformen im Training das Verhalten der Spieler ändern. 

Wenn ein Mittelfeldspieler mit zu viel Risiko spielt, kann eine einfache Zusatzregel im Abschlussspiel Abhilfe schaffen:

Tore die von dem Spieler vorbereitet wurden, zählen nicht. Jetzt kann er der Mannschaft nicht mehr mit Vorlagen helfen und muss andere Möglichkeiten suchen. 

Zum Anderen helfen Spielformen, bei denen es um Ballbesitz geht, dass Risiko-Management dieses Spielers zu verbessern. Hier braucht es Sicherheit und möglichst wenig Ballverluste. 

Wenn ein Mittelfeldspieler mit zu wenig Risiko spielt kann die Zusatzregel im Abschlussspiel einfach umgedreht werden:

Tore, die von diesem Spieler vorbereitet wurden, zählen Doppelt. Jetzt hat er die Chance mit mehr Risiko der Mannschaft deutlich zu helfen. 

Des weiteren sind Spielformen, bei denen viel Risiko belohnt wird, gut um das Risiko-Management des Spielers zu verbessern. 

Auch gegen zu wenig Konzentrationsvermögen kann der Trainer was machen. Wenn das Training über die volle Distanz neben den körperlichen Anstrengungen auch den Kopf und die kognitiven Fähigkeiten anspricht, so dass der Spieler ständig konzentriert sein muss, verbessert das seine Fähigkeit, sich über die volle Dauer auf das Spiel zu fokussieren. Konzentrationsübungen für zu Hause können zusätzlich vom Trainer empfohlen werden. Ein Buch über die Dauer einer vollen Spielzeit zu lesen kann Wunder bewirken. 

Ein Spieler, der dem mentalen Druck im Fußball nicht standhält, ist schwieriger wieder auf die richtige Spur zu bringen. 

Oft fehlt solchen Spielern das Selbstvertrauen, um in den wichtigen Situationen an sich zu glauben. Wenn ich davon ausgehe, dass ich Erfolg habe, sind die Chancen für den tatsächlichen Erfolg viel höher. Andersherum, wenn ich vom Misserfolg ausgehe, sind die Chancen für den tatsächlichen Misserfolg größer. Wenn einem Spieler das Selbstvertrauen fehlt, geht er im Spiel vom Misserfolg aus. Er hat dadurch auch häufiger Misserfolge und es entsteht ein Teufelskreis. 

Fussball spiel

Wie kann ein solcher Kreislauf aufgebrochen werden?

Logisch ist, dass ein solcher Spieler mehr Aufmerksamkeit vom Trainer braucht, als andere Spieler. Oft hilft einfach nur Vertrauen in den Spieler. Wenn der Spieler merkt, dass der Trainer an ihn glaubt, kann das dazu führen, dass er anfängt an sich selbst zu glauben. Jetzt geht er vom Erfolg aus und bricht so den Kreislauf selbst auf. 

Vertrauen in einen Spieler zu setzen der schlecht spielt, ist natürlich ein Risiko, das nicht jeder eingehen kann. Vor allem nicht über 90 Minuten. Es hilft aber auch den Spieler von der Bank zu bringen. Wenn die Mannschaft knapp hinten liegt und der Trainer etwas riskieren muss. In einer solchen Situation spürt der Spieler das Vertrauen des Trainers besonders. Verstärkt werden, kann das auch durch die Worte, die der Trainer dem Spieler vor der Einwechslung mitgibt. 

Die Bildung von einem starken Mindset sind Prozesse, die im Spieler stattfinden. Der Trainer kann nur Impulse in ein Richtung geben. Wenn das nichts bewirkt, wird es immer schwerer zu argumentieren, warum dieser Spieler so viel Aufmerksamkeit, Spielzeit usw. erhält. Die letzt mögliche Alternative ist Spielzeit in einer niedrigeren Liga. Hier kann der Spieler Selbstvertrauen tanken und dieses dann in die höheren Ligen mitnehmen. Das wäre das Beste für den Spieler, auch wenn das heißt, dass er die Mannschaft erst einmal verlassen muss. 

Wenn der Spieler das nötige Selbstvertrauen hat, aber nicht mit dem Druck umgehen kann, empfehle ich einen anderen Beitrag. Den Umgang mit Druck von Spitzensportlern erläutere ich im Beitrag „Umgang mit Druck“.

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